Sonderstatus Klavier
Ein Artikel zum Thema: zusammen und alleine spielen.
Ein Credo vieler Musikschulen lautet: das Zusammenspiel pflegen.
Das unterstütze ich sehr. Als Musikerin in diversen Formationen unterwegs (Bigband, Popband, Funkband und manchmal klassische Musikensembles), weiss ich um den „Glücklichmacher“ Zusammenspiel.
Es bereitet enorme Freude, zusammen an etwas zu arbeiten, meine herzhaftesten Lachanfälle hatte ich immer in solchen Gruppen, sei es, weil es uns gelang, so gut zu spielen wie noch nie, oder weil wir uns in haarsträubenden Fehlern verhaspelten.
Wir am Klavier haben oft den Nachteil, dass unsere Begleitungen schwieriger zu erlernen sind als die Hauptstimmen, welche getragen werden von Melodie-Instrumenten wie z. Bsp. Geige, Klarinette oder dem Gesang.
So gesehen, bereitet es oft Mühe, Kinder, welche die gleiche Anzahl Jahre spielen und im selben Alter sind, zusammen zufügen.
Das macht aber nichts, heisst es doch auch an jeder Musikakademie: die meisten Übestunden werden von PianistInnen absolviert.
Wir sind also prädestiniert, lange am Ball zu bleiben, und das tun wir in der Regel auch.
Und: wir genügen uns auch oft selbst.
So erlebe ich wahre innerliche Höhenflüge am Klavier. Ganz alleine: die wohlklingenden Töne die mich berauschen oder in eine Fantasiewelt versetzen, wo die Zeit sich ausdehnt und ich alles rund um mich vergesse und versinke in der Musik.
Dies ist eine Eigenheit des Klaviers, welche so als Sonderstatus betrachtet werden kann.
Ich bin ebenso glücklich, wenn ich im stillen Kämmerlein Saxophon oder Posaune spiele, aber dort erschöpft es sich irgendwann, und ich habe das Bedürfnis, mit andern zusammen etwas Mehrstimmiges zu spielen.
Diese Mehrstimmigkeit zeichnet das Klavier besonders aus. Sind wir doch wie ein ganzes Orchester aufs Mal, spielen ganze Abende alleine auf der Bühne, bekannt u.a. vom Lucerne Pianofestival: kein anderes Instrument schafft es, mit einer einzigen Person als Spielende ein so breites Publikum anzuziehen.
Immer wieder bin ich fasziniert von der Vielfältigkeit des Klaviers, einsetzbar in allen Musikstilen, dazu sowohl als Begleitinstrument wie als Soloinstrument.
In diesem Sinne plädiere ich für ein sowohl-als-auch, ebenfalls für den Klavierunterricht.
Wir geniessen die Situation im Einzel- Klavierunterricht sehr. Jedes Kind darf ein König oder eine Königin sein an seinem Instrument, darf sich vergnügen beim Spielen ganz allein, glücklich oder traurig sein, sich selbst vergessen und staunen ob dem, was erklingt.
Gleichzeitig ist es wunderbar, dass wir an den Musikschulen die Chance haben, so viele Kinder mit so vielen verschiedenen Instrumenten zu unterrichten, und deshalb den Kindern dieses schöne Erlebnis des Zusammenspiels ebenfalls ermöglichen dürfen.